Kliniken sind weder personell noch organisatorisch auf die Ambulantisierung vorbereitet

So manche Klinik wird sich zunächst über die Förderzahlungen des Krankenhauszukunftsgesetzes freuen – und im Nachhinein merken, dass das Geld auf Dauer nicht reicht.

Von Dr. med. Djordje Nikolic, Vorsitzender der Geschäftsführung consus clinicmanagement
Transformation Leader 2021

Im nächsten Jahr wird es so weit sein, dass aus zwei Buzzwords echte Aktivitätsfelder werden: 1. Digitalisierung, 2. Ambulantisierung.

Bei der Digitalisierung herrscht gerade eine Art Goldgräber-Blindheit. Es ist zwar toll, dass selbst auf streng analogen Geschäftsführungs-Schreibtischen infolge der Förderungen durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) das Gefühl herrscht, dass etwas getan werden muss. Der aktuelle Hype lebt aber vor allem von der Industrie, die ihre Produkte vertreiben will, und von den Beratern, die sich um die Begleitung der Mittelgenerierung und -verwendung kümmern. Es ist übrigens bemerkenswert, wie viele Beratungsunternehmen, die wir dachten, gut zu kennen, über Nacht scheinbar grenzenlose IT-Kompetenz aufgebaut haben.

Die Kliniken werden merken, dass es nicht schlecht gewesen wäre, die Versprechen von Industrie und Beratern zu hinterfragen. Im nächsten Jahr bedeutet das für uns, die wir nicht auf den hypenden KHZG-Zug aufgesprungen sind, dass wir Schadensabwehr für die Kliniken betreiben werden. Denn so manche Klinik wird sich zunächst auf der sicheren Seite wähnen und die bereitstehenden Gelder in neue Projekte investieren – jedoch später feststellen, dass das Geld am Ende doch nicht reicht. Denn projektbezogene und strukturelle Folgekosten werden aktuell unter den Teppich gekehrt, sodass wir sicher sind, dass so manche Klinik hier in Schwierigkeiten geraten wird. Wir werden daher 2022 vermutlich eine Art KHZG-TÜV sein.

Bei der Ambulantisierung sehen wir uns als Dolmetscher zwischen stationären und ambulanten Leistungserbringern sowie den Kostenträgern. Dies vor allem regional. Die Kliniken denken noch immer, dass die zukünftige Versorgung aus Sicht der Kliniken gedacht werden wird. Das Spiel wird aber vom Ambulanten ausgehend gewonnen werden. Kliniken sind weder personell noch baulich und vor allem nicht organisatorisch auf ambulante Leistungserbringung vorbereitet, die aktuell noch stationär erfolgt oder aber in Feldern, die fest in der Hand von Niedergelassenen sind – bis diese in Ruhestand gehen und keinen Nachfolger finden.